Affären und Untreue

Bindung und Begehren – oft ein schwer lösbarer Konflikt

Viele Menschen wünschen sich eine verlässliche, romantische Partnerschaft, die Sicherheit, Rückhalt und Geborgenheit gibt. Doch leider schwindet häufig dann die Sehnsucht und das Begehren, wenn die Bindung zum Partner am vertrauenvollsten und sichersten ist. Denn das, was man am sichersten weiß, muss man nicht mehr begehren – man hat es ja schon. So stark und erhaben das Ideal der sexuellen Treue sein mag, öfter als eingestanden, bahnt sich der Wunsch nach Lebendigkeit und Leidenschaft in Form von Affären und Untreue seinen Weg.

Affären und Untreue sind verpönt und werden bestraft

In vielen Kulturen und Gesellschaften werden Affären und sexuelle Untreue stark verurteilt und mitunter mit drastischen Konsequenzen sanktioniert. Und doch kommt die sexuelle Untreue universell vor, sie ist so alt wie die Menschheit selbst. Sie ist in der Welt und wird es wahrscheinlich auch bleiben. Deswegen wäre es gut zu schauen, wie man als aufgeklärter Mensch des 21. Jahrhunderts damit konstruktiv umgehen kann.

Nach den Affären ist nichts mehr wie es war

Der betrogene Partner erlebt es als Verrat, dass die betrügende Person einem anderem, außenstehendem Menschen Eingang in die, einst große und unumstößliche Liebe, gewährt hat.

Christoph Millington Psychotherapeut Göttingen
Bild: C. Millington (copyright)

Dieses Gefühl des Verrats ist in der Regel sehr, sehr schmerzhaft. Es wird vielleicht als tiefe Demütigung erlebt und geht beim Betrogenen mit starken Schamgefühlen und Gefühlen der Bloßstellung einher. Häufig versucht der betrogene Partner mit insistierenden Fragen das verloren gegangene Vertrauen und die verloren gegangene Würde durch „Wissen-Wollen“ wieder herzustellen. „Was genau findest du an dem anderen?“ „Welche Stellungen habt ihr  praktiziert?“ „Welches Kleid hatte sie damals an?“ „Was hat er, das ich nicht habe?“ Gleichzeitig versucht die betrügende Person, die vielleicht von Schuldgefühlen geplagt ist und sich zwischen allen Stühlen fühlt, die Bedeutung der Affäre herunter zu spielen („das ist nur Sex – ohne Gefühl“). Das wiederum stachelt die bohrende Neugier und die Wut der betrogenen Person an…

Momente der Versöhnung in der Paartherapie dürfen ausgekostet werden.
Bild: C. Millington (copyright)

Sich den existentiellen Themen zu stellen erfordert Mut

Häufig erschöpft und zermürbt sich das Paar in stundenlangen, mitunter nächtlichen Diskussionen, die in der Regel zu nichts führen. Doch egal welche Antworten die betrügende Person auch geben wird, es wird den gequälten Partner niemals zufrieden stellen. Denn die gr0ßen existentiellen Themen, die sich durch die Untreue für das Paar eröffnen, bleiben dadurch unbearbeitet und ungelöst.

Ist es vielleicht möglich, dass beide Partner ohne Attacken, ohne Rückzug und Verharmlosung über das Geschehene miteinander in Kontakt kommen, wirklich einander zuhören?
Kann die betrügende Person offenbaren, warum er sich auf die andere Person eingelassen hat. Welche Sehnsucht und Hoffnung damit verbunden ist bzw. war? Kann sie sich damit dem anderen zumuten, auch wenn es weh tun wird?
Und kann der betrogene Partner trotz seiner Kränkung zuhören, die Attacken zeitweilig ruhen lassen, wirklich zur Kenntnis nehmen, was der andere meint? Kann er seine Ängste und seinen Schmerz, seinen Selbstzweifel, seine Unzulänglichkeitsgefühle dem betrügenden Partner offenbaren?

Eine große Chance…

Die Verletzung durch eine Affäre ist ein großer Einschnitt für das Paar. Es bietet Möglichkeiten der lebendigen Neu-Ausrichtung. Jedoch ist es kein leichter Weg und der Ausgang nicht vorhersehbar. Es ist die große Schule für alle Beteiligten sich dieser Herausforderung mutig zu stellen. Bei diesem Prozess kann die Begleitung durch eine Paar- und Sexualtherapie sehr unterstützend sein.

Clement - Wenn Liebe fremdgeht
Bild: Ullstein Taschenbuch (copyright)
Jellouscheck - Warum hast du mir das angetan?
Bild: Piper Taschenbuch (copyright)