Die meisten Menschen haben Angst vor öffentlichen Auftritten (wozu auch mündliche Prüfungen zählen). Die Bühne bzw. die exponierte Stellung in einer Prüfung wirkt hier wie ein Vergrößerungsglas für unsere Selbstwertzweifel und Unsicherheiten. Die Angst vor verurteilender Bewertung durch das „Publikum“ verhindert den Zugang zu unseren Fähigkeiten, sprich zu dem, was wir eigentlich können. Häufig stecken uns „traumatische Erlebnisse“ in den Knochen: Vielleicht wurden wir in der Vergangenheit beschämt und verlacht, wenn wir uns zeigten. Diese Erlebnisse drohen nun im Inneren immer wieder in Form von emotionalen und physiologischen Störfeuern aufzuflammen. In der Folge entsteht eine quälende und lähmende Prüfungsangst.
Auftrittsängste kann man sehr gut therapeutisch angehen. Entscheidend ist, dass man aus dem Gefühl des Ausgeliefertsein in eine Verfassung kommt, bei der man seinen eigenen Gestaltungsmöglichkeiten bewusst wird. Das fängt damit an, sich der Sinnhaftigkeit der Prüfung klar zu werden, um sie weniger als Zwang und fremdbestimmt zu erleben.
Das Fatale ist, dass wir bei Reaktivierung der früheren traumatischen Situation in eine Altersregression geraten. Dabei fällt das Gehirn in einen altersgemäßen jüngeren Zustand zurück. Wir fühlen uns vielleicht wie 5 oder 8 oder sonst wie alt. Dann haben wir keinen Zugang mehr zu unseren erwachsenen Kompetenzen, und genau die brauchen wir, um der Prüfungssituation optimal gewachsen zu sein.
Im Prüfungscoaching ist es entscheidend diese alten Erlebnisse zu verarbeiten. Dafür eignen sich PEP oder auch EMDR. Dabei werden die alten traumatischen Erlebnisse bewusst aktiviert und mittels bifokaler Stimulation neu geordnet und als weniger belastend wieder abgespeichert. Statt sich viel jünger zu erleben, begegnet man den Anforderungen der Situation und den Prüfenden auf Augenhöhe.
Im Kontakt mit unserem realen Alter kann man wertschätzend mit sich umgehen, wenn nun etwas schief geht. Dabei können imaginierte wohlwollende Begleiter (z.B. eine Freundin) hilfreich sein.
Denn ohne ihnen beginnt, bei gemachten Fehlern, oft eine gnadenlose, perfektionistische Tirade der inneren Kritiker und Richter mit den entsprechenden, blitzschnell im Inneren ablaufenden Selbstbestrafungsaktionen. Ergänzend zu dem hilfreichen Begleiter ist es nützlich, sich im „Publikum“ auf wohlwollende Personen zu fokussieren.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, sich vor und während der Prüfung zu erden. In-Sich-Sein statt Neben-Sich-Stehen. Dabei ist es hilfreich, tief Luft zu holen, sich des guten Kontakts zum Boden bewusst zu werden und Beweglichkeit und Flexibilität des Körpers erfahrbar zu machen.
Um es frei mit Epiktet zu sagen: Es sind nicht die Dinge, die uns ängstigen, sondern unsere Wahrnehmung der Dinge. D.h., wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf hilfreiches, wohlwollendes, ermutigendes und zuversichtliches richten, dann stehen die Chancen gut, dass wir die Prüfungssituation angenehm erleben können, weil sie uns eine Gelegenheit bietet, zu zeigen was wir drauf haben.
Weitergehende Informationen: